Es ist unsere Lieblingstransektstrecke im Mercantour - zum einen, weil wir nur vom Frühstückstisch aufstehen müssen und 50 Meter weiter das Untersuchungsgebiet beginnt. Zum Anderen ist die Strecke relativ flach und man bewegt sich auf einer Höhenstufe; es ist quasi ein Erholungstransekt verglichen mit den Bergtouren, die wir im Mercantour sonst unternehmen "müssen". Das eigentlich bemerkenswerte an dieser Untersuchungsstrecke aber ist die immense Artenvielfalt an Schmetterlingen. Bereits im letzten Jahr hatten wir dort einen Spitzentag, an dem wir 81 Arten festgestellt hatten (Tagfalter und Widderchen). In diesem Jahr sollten wir diesen Spitzenwert tatsächlich noch übertreffen! Insgesamt zählten wir 93 Arten (bei einem (!) einzigen Begang am 21.7.), wobei durch ausstehende Bestimmungen vielleicht noch 2 Arten hinzu kommen. Insgesamt können wir für diese eine Strecke deutlich mehr als 100 Arten nachweisen.

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Das ist Ilonse - in dem verträumten Dörfchen befindet sich unser Feriendomizil und der Startpunkt zu unserem "Transekt"

IMG_6334Die Kirche von Ilonse steht oben auf dem Sporn und stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

transektUnser "Transekt" unterteilt sich nicht in 50m-Abschnitte - das wäre zu aufwändig. Wir haben es lediglich nach 3 zusammenhängenden Lebensräumen unterteilt. Gelb = ostexponierte Hanglage, trocken // rot = Waldlichtung und Waldwege (ehem. Getreideterassen) // blau = ebenfalls ostexponiert, jedoch von zahlreichen bewaldeten Einschnitten gegliedert. Alle drei Lebensräume unterscheiden sich hinsichtlich des Artenspektrums jedoch nur leicht.

DSCN2715Ein typischer Aspekt im hinteren Teil (blau)

DSCN3036Wahrscheinlich handelt es sich hier um ein Gespinst von M. parthenoides.

DSCN3029Auch ohne intensive Beweidung bleiben hier viele offene Bodenstellen (natürlich). Auf solchen Flächen finden wir u. a. Gespinste von E. aurinia und M. phoebe.

IMG_0033Die "Rebeli-Wiese" - so genannt von meinen Kindern, weil es dort viele Kreuzenziane mit entsprechend vielen Eiern von Phengaris alcon/M. rebeli zu finden gibt. Die Wiese sieht unspektakulär aus, ist aber sehr artenreich!

DSCN2663Jeremy zählt wohl gerde rebeli-Eier...

Da wir am 21.7. recht gutes Wetter haben, was in diesem Jahr leider nicht immer der Fall war, beschließen wir einen neuen "Rekordversuch" zu unternehmen. Das ganze betreiben wir zunächst nicht ganz ernsthaft, wir wollen uns ja erholen. Doch schon bald zeigt sich, dass wir einen guten Tag erwischt haben und die Artenzahl auf den ersten Metern ist schon beeindruckend. Dass wir zu viert unterwegs sind, übersehen wir bestimmt auch nicht viele Arten.

Hier die Liste der beobachteten Falter (leider in alphabetischer Folge...):

IMG_7811A. niobe bevorzugt eigentlich die höheren Lagen im Mercantour. Die Art kann aber regelmäßig auch ab ca. 1000m gefunden werden.

DSCN3069A. paphia kommt hier häufig in der f. valesina vor. So kann er mit A. pandora evtl. verwechselt werden. A. pandora hat aber rote Vorderflügel-Unterseiten und Kopf wie Körper sind wesentlich kräftiger als bei paphia. A. pandora fanden wir nur ein einziges Mal in 2010.

IMG_4142 KopieB. circe ist auf der Strecke sehr häufig. C. briseis fanden wir in dieser Höhe nur ein einziges Mal - er bevorzugt die Tallagen.

IMG_8317Von den wenigen Erebien in unserer Transektstrecke kommt E. ligea am häufigsten vor. Die Tiere sind erstaunlich groß!

DSCN3049H. lycaon ist in der Höhenlage ab 1000m deutlich häufiger als M. jurtina.

 IMG_4041 KopieM. parthenoides ist neben M. athalia und nach M. didyma die häufigste Scheckenfalterart auf der Strecke.

 

 

DSCN3024Im Mercantour erscheinen zu allererst S. ferula in großer Zahl - zu ihnen gesellen sich dann eine bis zwei Wochen später S. actea und M. dryas. Alle drei Arten sind im Flug und auch im Sitzen nicht immer auf Anhieb zu unterscheiden. M. dryas wirkt im Flug schwerfälliger als S. ferula und S. actea.

IMG_8460_KopieP. egea fliegt auf der Transektstrecke nur wenig. Dafür findet man ihn 5m vom Frühstückstisch entfernt immer auf dem Lavendel sitzen. Seine Wirtspflanze, das Glaskraut (Parietaria judaica) findet sich im Ort an jeder Mauerritze.

IMG_8235P. daphnis fliegt ca. 80m vom Frühstückstisch entfernt und ist dort recht häufig. Die Männchen kann man im Flug schon mal mit P. coridon verwechseln

IMG_6351P. ripartii ist in dieser Höhenlage (um 1100m) recht häufig. Er kann von der Unterseite her mit P. damon verwechselt werden; die Männchen sind aber nicht blau und haben ein characteristisches "Fell" auf den Vorderflügeln (Duftschuppen).

IMG_6943S. actea ist im Flug und sitzend kaum von S. ferula zu unterscheiden. Die Tiere sind tendenziell kleiner und es fehlt ihnen die zweite Ocelle auf dem Vorderflügel. Die Flugzeit beginnt ggü. S. ferula ca. 2 Wochen später.

IMG_6700S. ferula flog schon zu Beginn unseres Urlaubes, während wir im letzten Jahr noch eine Woche warten mussten. Alles in allem schien die Flugzeit der meisten Arten ca. 1 Woche früher zu sein als 2010.

DSCN3105Z. fausta unterscheidet sich von hilaris durch die rote Halskrause und den Ring am Abdomen - beides fehlt bei hilaris.

DSCN3096Nicht weniger hübsch als fausta ist im Untersuchungsgebiet Z. hilaris genau so häufig.

DSCN3031Ganz geklärt ist nicht, wie dieses Wrack dort hin gekommen ist - man kann aber mutmaßen, dass der Besitzer nur den Hinweg über den "Weg" geschafft hat und dann die Einsicht gewonnen hat, dass es nicht mehr weiter geht. Wir hätten es nie gewagt, ohne schweres Gerät bis dahin zu fahren...

DSCN3018Als kleine Zugabe finden wir noch die Raupe vom Taubenschwänzchen (M. stellatarum).

Putzig ist, dass wir an diesem Tag so manche Trivialart gar nicht finden konnten - es fehlte z. B. P. c-album, der sonst immer zu finden ist, oder auch P. brassicae, der aber zugegebenermaßen dieses Jahr wirklich selten ist...  Nehmen wir alle Trivialarten zusammen, so hätten wir einen 100er Transektbegang hinlegen können - da bin ich mir recht sicher. Hätten hätten... Das ist genau das, was nie eintreten wird. Dass alle Arten an einem Tag fliegen ist nahezu ausgeschlossen und über 90 Arten ist auch schon eher außergewöhnlich. Wie schon erwähnt - das war ein Erholungstag. Tags drauf ging es wieder in die höheren Lagen des Mercantour - dort finden sich natüclich "interessantere" Arten wie z.B. eine Vielzahl verschiedener Erebien, doch dort hält sich die Artenzahl meist in überschaubarerem Rahmen. Das ist in gewissem Sinne auch so was wie Erhohlung... Man muss zwar mehr strampeln, dafür wird das Hirn entlastet ;o). Und was eigentlich als Erholung an diesem Tag geplant war, brachte am Abend noch eine Menge Arbeit:

DSCN3132Zwar sind die Pflanzen erst mit Steffen "eingezogen", doch war der Tisch abends immer voll mit Bestimmungsmaterial, Erfassungsbögen, Präparierbesteck... Bier war natürlich eine extrem seltene Ausnahme bei der Arbeit. Wein und [[Pastis]] waren auch eher selten, kamen aber regelmäßig und auf allen Höhenlagen vor...